Schon die Werbung in Form eines Videos ist anders, als das, was man sonst so von Onlineshops kennt: ein Riesen-Panda macht Kung-Fu, im Hintergrund der Moskau-Fluss und die Kremlmauer.
Der Panda entpuppt sich als Stoffmännchen und in ihm steckt Victor Xu, der Chef von JD.com, der gerade an den Ufern der Moskwa trainiert. Ein Chinese, der vor den Kremlmauern Kampfsport macht – sagen hier etwa die Chinesen den Russen den Kampf an?
Victor Xu erklärt in reinstem russisch, dass sein chinesischer Onlineshop mit dem Jahresumsatz von 18,5 Milliarden US-Dollar am 18. Juni 2015 – seinem zwölften Geburtstag – nun auch in Russland online geht.
Online-Supermarkt aus China
Anders als Alibaba, ist JD.com keine Plattform für Händler, die dann ihre Ware anbieten, JD.com ist Online-Supermarkt, in dem es Waren gibt, die eingelagert und vorrätig sind.
„Wir glauben, dass unser Schwerpunkt auf Originalität und einem Qualitätsversprechen basiert, uns die Vorteile verspricht, die unsere Konkurrenz nicht hat. Wir erwarten so zu einem der führenden Online-Unternehmen auch in Russland zu werden“
– so Xu bei einer Presskonferenz am Rande der Eröffnung.
Inzwischen hat einer der wichtigsten Konkurrenten auf dem heimischen Markt, die Alibaba Group in Russland bereits den Markt für sich erschlossen. Alibaba, aber auch sein Tochterunternehmen Aliexpress, zählen zu den Top Ten der beliebtesten Websites im RuNet. Monatlich besuchen fast 20 Millionen User die Websites von Aliexpress. Vor Kurzem berichteten wir, dass Aliexpress das erste Ausgabezentrum in Russland eröffnete.
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JD.com hat bereits den ersten Partner in Russland gefunden, das Logistikunternehmen SPSR Express, das den Warenfluss aus China logistisch unterstützen wird. SPSR-Express hat übrigens sehr erfolgreich mit Alibaba gearbeitet.
Zu den Investoren im Russlandgeschäft von JD.com zählen die russischen Milliardäre und Großinvestoren Alischer Usmanow und Yuri Milner mit ihrem „DST Global“ (die übrigens auch in Alibaba investiert haben).
JD.com als chinesische Ausgabe von Amazon zu sehen, wäre unangemessen. JD.com sieht derzeit keinen direkten Konkurrenten in diesem Geschäftsfeld:
„Unser Unternehmen unterscheidet sich von Alibaba dahingehend, dass wir nicht nur eine andere Form des Geschäfts betreiben, sondern auch eine andere Unternehmensphilosophie haben. Jack Ma hat mit seinem Geschäft eine andere Ausrichtung verfolgt.
Aliexpress basiert auf dem Modell eines Marktplatzes, während JD.com ein kompletter Onlineshop mit einer eigenen Infrastruktur ist.“
– erklärt Xu unermüdlich.
In China unterhält das Unternehmen sieben Logistikzentren, 143 Lager in 43 Städten und 3539 Abgabestellen, die fast alle Provinzen und Distrikte in ganz China abdecken. Das Unternehmen verfügt so nicht nur über Abgabestellen in Großstädten, sondern auch in den entferntesten Winkeln des Riesenreiches.
Was ist JD.com?
JD.com ist ein chinesischer Online-Shop. Von Elektronik über Bekleidung bis hin zu Gartengeräte und Spielzeug ist dort nahezu alles erhältlich. Es ist gewissermaßen ein elektronisches Warenhaus.
In seinem Aufbau ähnelt es sehr einem Hybriden aus eBay und AliExpress, die wie Alibaba auch zu den Konkurrenten von JD.com zählen. Wo russische Onlineshops vorwiegend russische Ware verkaufen, ist in diesem Online-Warenhaus vorwiegend chinesische Ware erhältlich. Am Onlineshop selber ist nichts außergewöhnlich, es wird Ware in den Warenkorb gelegt und wahlweise mit Kreditkarte oder anderen Zahlungsmittel bezahlt.
Anders als bei Handelsplattformen, wie Aliexpress oder Alibaba es sind, ist JD.com ein klassischer Onlineshop mit Logistikzentren, Lagerhallen, Abgabestellen und Auslieferungsdepots.
Interessant ist auch die Tatsache, dass der Investor Usmanow eigens seine Anteile an Apple und Facebook verkauft hat, um über JD.com in den russischen Markt einzusteigen. Das und anders mehr könnten ein Indikator dafür sein, dass es sich bei JD.com um einen zukünftigen Klassenprimus der chinesischen Shops in Russland handeln könnte.
40.000 Kuriere Tag und Nacht unterwegs!
40.000 Kuriere sind für JD.com unterwegs. Keine Kuriere, wie man sie hierzulande kennt, vielmehr sind das motorisierte Kuriere auf ihren dreirädrigen Rollern, die pro Tag zwischen 100 bis 120 Pakete ausliefern. Diese flächendeckende Abdeckung über ein eigenes Kuriernetz gilt als so ziemlich einzigartig und dürfte noch eine gewachsene Infrastruktur aus dem traditionellen Geschäft in China sein, auf dem man im heutigen Geschäft aufbauen kann.
Wir leben in einer Zeit der faulen Verbraucher
Heute kann das Unternehmen seine Produkte sehr viel schneller liefern als die Konkurrenz. Eine neue Dienstleistung stellt für die sehr gut vernetzten Chinesen die mobile JD.com App dar, die vorerst den Bewohnern von Beijing zu Verfügung steht, mit der man aber nicht nur Waren, sondern auch Dienstleistungen, wie Pizza, Blumen oder Essensbestellungen nutzen kann. Kuriere holen sie in JD.com Partnergeschäften ab.
„Wir leben in einer Zeit der faulen Verbraucher, die bequem von zuhause aus bestellen möchten. Mit der App, über den Shop oder telefonisch kann von zuhause aus nahezu alles bestellt werden: Blumen, Früchte, Schokolade und Champagner können innerhalb von nur zwei Stunden geliefert werden.
Aufgrund der Tatsache, dass wir über ein dichtes Netz an Kurieren verfügen, erfolgt die Lieferung an die Endverbraucher günstig und schnell. Der gesamte Weg der Lieferung kann über GPS verfolgt werden. GPS erkennt auch den nächstliegendsten Laden für den Kurieren.“
Märkte im Norden
Der russische Markt ist für JD.com ein Novum, sowie ein Engagement außerhalb Chinas im Allgemeinen. Auf dem heimischen Markt wickelt JD.com rund 49 Prozent der direkten Online-Verkäufe im B2C Geschäft ab. Victor Xu, der seit 2014 dem Unternehmen als Director for International Developement beigetreten ist, verbrachte bereits fast zwanzig Jahre beim Unternehmen Huawei.
Im Jahr 1997 hat das Unternehmen Huawei in Moskau sein erstes Auslandsbüro eröffnet. Xu wurde Vize Präsident von Huawei in Russland, um zehn Jahre später nach China zurückzukehren. Es folgten Jahre in Düsseldorf, bei den Xu Projekte im europäischen Raum realisierte und das gesamte Auslandsgeschäft von Huawei Symantec verantwortete.
Xu antwortet mit einer fünfminütigen Rede über den Konfuzianismus, eine multipolare Welt und die neue Seidenstraße…
Auf die Frage hin, warum er Huawei verlassen hat, antwortet Xu mit einer fünfminütigen Rede über den Konfuzianismus, eine multipolare Welt und die neue Seidenstraße für qualitativ hochwertige chinesische Produkte, die Verbraucher in vielen Ländern glücklich machen (die Nordroute führt übrigens über Russland, Zentralasien und die Türkei nach Europa)
Dann fügt er hinzu:
„Ich habe in JD.com ein Unternehmen gesehen, in dem sehr viel Potenzial und Ideen steckten und das war Anreiz genug.“
Elektronische Produkte
In Russland wird sich JD.com in der Hauptsache in seinem Geschäft auf elektronische Produkte konzentrieren, die unter Berücksichtigung der Marktmacht und Subventionen der chinesischen Regierung preiswerter sein können, als bei der Konkurrenz. Auf einer Pressekonferenz in Moskau, bei der sich maßgeblich alles um das Russland-Geschäft drehte, waren Vertreter der Marken ZTE, Nubia und anderer Elektronikhersteller anwesend.
„Wir entsprechen den Anforderungen der Kunden im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten. Hier geben wir ein Qualitätsversprechen, das sich auch auf die Partner erstreckt. Darüber hinaus kommen nicht nur chinesische Produkte auf den Markt, auch japanische und russische Artikel werden über den Onlineshop künftig erhältlich sein“
– erklärt Xu.
Neben den direkten Partnerschaften mit Herstellern, günstigen Preisen, effizienten Technologien und dem wachsenden Interesse Russlands, hat JD.com noch einen wichtigen Trumpf: seine Investoren.
Victor Xu kennt man in USM auch persönlich. Das hilft.
Investoren
Aus der Presseabteilung der USM-Holding des Investors Alischer Usmanow gibt man keine Informationen über den Anteil von USM an JD.com, verlautbarte jedoch:
„JD.com ist ein wichtiger Akteur im B2C Markt Chinas. Noch zu Zeiten, als der Markt von anderen E-Commerce Unternehmen, wie Alibaba dominiert wurde, konnten JD Kunden bereits über eine gute Logistik und Service verfügen, der jetzt auch auf den russischen Markt übertragen wird. In gewisser Weise konkurrieren JD.com und Alibaba im gleichen Markt, jedoch haben sie verschiedene Ansätze.“
Victor Xu kennt man in USM auch persönlich, noch aus den Huawei-Zeiten, mit wessen Hardware „Megafon“ arbeitet. Das hilft. Der Pressedienst bestätigt, dass JD im direkten Kontakt mit USM-Management steht, die Parteien tauschen regelmäßig Erfahrungen aus.
Einen Tag vor dem Start der JD.com-Website in Russland zähle die Unternehmensseite von JD im russischen Sozialen Netzwerk Nummer 1 „VKontakte“ fast 50 000 Menschen. VKontakte gehört seit Kurzem zu 100% der russischen Mail.ru-Group, die wiederum komplett Usmanows DST-Global gehört.
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JD.com Partner
Mit allen Funktionen wird das russischsprachige Angebot von JD.com im September 2015 ausgestattet werden. Geplant sind auch Lagerhäuser und Kuriere in Russland. Partnerschaften mit Qiwi und Yandex und sogar der Rambler Holding sind im Gespräch.
Solange wird die gesamte Infrastruktur von Partnern zur Verfügung gestellt. Xu betont, dass Partnerschaften ein Teil der Unternehmensphilosophie sind und die auf der Pressekonferenz anwesenden Speaker das einmal mehr bekräftigen mussten.
„SPSR-Express entwickelte speziell JD.com ein Modell der Premiumzustellung für Elektronikkäufer. Bis nach Moskau und Moskauer Gebiet dauert Lieferung durchschnittlich 3-4 Werktage. Rückgabe kann durch Kurierdienst oder durch eine Vertretung durchgeführt werden“
– sagt Alex Vasiliev, Leiter der Abteilung für internationale Entwicklung von SPSR.
JD.com & Yulmart
Am 16. Juni unterzeichneten JD.com und der größte russische Online Shop Yulmart eine Absichtserklärung. Es ist geplant, dass russische Käufer zukünftig Waren auch aus China erhalten können und diese dann über Yulmart Outpost Abgabestellen abgewickelt werden. Nach heutigen Schätzungen werden die Warenlieferungen zwischen einer und vier Wochen in Anspruch nehmen.
UPDATE:
„Russische Post“ ist der erste autorisierte Zusteller von JD.com in Russland
JD.com hat eine künftige Zusammenarbeit mit der Russischen Post bekanntgegeben und macht somit das halbstaatliche Unternehmen zum offiziellen Versender.
Diese Herangehensweise ist dabei keine Neue. Bereits im Vorfeld haben sich immer wieder Unternehmen aus dem Ausland die Russische Post als erfahrenen Versender ausgesucht, der über ein exzellentes Netzwerk landesweit verfügt.
„In der Tat verfügt die Russische Post, mit ihren 42.000 Poststellen landesweit, über eines der größten Filialnetze. Darüber hinaus entwickeln wir gerade eine Dienstleistung, bei der eine zusätzliche Lieferung bis ins Haus vorgesehen wird und die weitere Vorteile für den Kunden bringt.
Natürlich sehen wir die Zusammenarbeit auch mit weiteren ausländischen Onlineshops als einen Beitrag dazu, ein sehr gutes Produkt anzubieten und Lieferzeiten zu senken“
– so der stellvertretende Generaldirektor, Sergei Malyshev.
Auch aus dem Hause JD.com kommt nur positives:
„Wir sind aktiv an der Entwicklung von Partnerschaften für die weltweite Auslieferung beschäftigt. Hier wollen wir einen Beitrag zu einer weiteren Effizienz und Erarbeitung neuer Logistiklösungen bringen. Mit der Vereinbarung mit der Russischen Post, können wir eine landesweite Lieferung gewährleisten und uns so ermöglichen, schnell und sicher auszuliefern“
– sagte Victor Xu, der CEO von JD.com.
„Als wesentliches Merkmal bei JD.com sehen wir ein hohes Maß an Service im Bereich der Logistik, durch das das Unternehmen ein optimales Einkaufserlebnis bietet. Russland in dabei einer der Schlüsselmärkte bei JD.com.
Wir freuen uns in der Russischen Post einen idealen Partner gefunden zu haben. Wir glauben, dass diese Zusammenarbeit den Einkauf für Russen bequem und erschwinglich machen wird“
– so Nikko Chen, Leiter des Global Supply Chain bei JD.com.
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