Pro Kopf, pro Monat, 1000 € Warenwert und bis 31 Kilogramm – das war und ist immer noch das, was Konsumenten in ausländischen Onlineshops bestellen können und zollfrei bleiben. Doch ist vielen klar, dass sich das schon sehr bald ändern könnte. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, denn eines ist ebenfalls so klar, wie ein sibirischer Gebirgsbach: die Regierung möchte am weltweiten Handel mitverdienen.
Dritte Lesung erwartet
Die Staatsduma hat in einer zweiten Lesung einen Gesetzentwurf der russischen Regierung, die neue Normen für die Bestellungen bei ausländischen Onlineshops vorsieht, bearbeitet. In einer dritten Lesung, die auf den 25. April festgesetzt wurde, soll dann nach der Annahme durch die Staatsduma, die Regierung in die Lage versetzt werden bestimmte Steuern auf Produkte zu erheben. Dieser Termin am 25. April ist längst verstrichen, ohne dass es von Regierungsseite Informationen geben sollte. Die Verunsicherung bei Käufern und Verkäufern bleibt.
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Im Rahmen der Zollunion ist die Höhe der Zölle durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt. Der stellvertretende Finanzminister Sergej Schatalow sagte, dass die Mitglieder der Union, jedoch nicht die Russische Föderation (!) das Recht hätten, die Regeln und die Höhe von Zöllen für Warensendungen selber festzulegen. Das sollte sich ändern.
Er sagte auch, dass derzeit keine Steuer erhoben werde, wenn pro Kopf und pro Monat der Warenwert nicht 1000 Euro übersteige oder das Gewicht mehr als 31 kg betrage. Danach sind 30 % des Warenwertes an Zoll fällig. Alles in allem gilt die alte Grenze nach wie vor (1000/31). Wäre da nur nicht der Passus, der in der Verabschiedung des Gesetzes in erster Lesung eingefügt wurde und der alle bisherigen Regelungen wieder aufheben kann. Darin heißt es, dass die Regierung sich jederzeit das Recht vorbehält, weitere Einschränkungen einzuführen.
Nachdem die dritte Lesung zum Gesetzentwurf stattfindet, wird also die Regierung wahrscheinlich über das Recht verfügen, Zölle zu erheben und die Obergrenzen neu zu setzen. Experten gehen davon aus, dass es schon recht bald zu solchen Veränderungen kommen könnte, denn die Beamten sehen hier eine gute Möglichkeit einfach und schnell mehr Geld in die Haushaltskassen zu spülen.
€200 oder €150 pro Paket zollfrei
Wladimir Putin betonte in der Vergangenheit immer häufiger die Wichtigkeit von E-Commerce, was er auch in seinen Äußerungen gegenüber der Regierungsversammlung immer wieder bekräftigte. Viele Experten gehen davon aus, dass mit der Zielsetzung eines weiteren Ausbaus des E-Commerce auch neue Zoll- und Einfuhrbeschränkungen bei ausländischen Lieferungen kommen werden.
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Genau ins Bild passen könnten da auch Vorschläge von FTC Russland, die zollfrei Einfuhr auf 200 € pro Paket (und nicht pro Monat, wie früher) zu reduzieren. Der Finanzminister ging sogar noch weiter und brachte die Zahl 150 € Warenwert pro Paket ins Spiel. Übrigens, keine schlechte Nachricht für ausländische Online-Händler, da Versand einer Bestellung in mehreren Paketen möglich wird. Chinesische Händler machen das bereits jetzt.
Darüber hinaus hat die Zollbehörde vorgeschlagen die Erhebung der Steuern in den Zuständigkeitsbereich der Bundessteuerbehörden zu übertragen. Diese Initiative scheiterte jedoch, weil man festgestellt hat, dass ein derartiges Aufkommen nicht zu bewältigen ist. Sergej Schatalow sagte, dass keiner der Staaten der Zollunion es geschafft habe bisher eine funktionierende Verwaltung für diesen Bereich zu schaffen, die im Stande sein Preis-, Gewichts und sonstige relevante Daten auch zu stichhaltig zu überprüfen.
Experten gehen davon aus, dass eine Senkung der Grenzwerte für eine zollfreie Einfuhr nicht nur die Taschen der Verbraucher treffen würde, sondern es auch zu unnötigen bürokratischen Verzögerungen kommen könnte. In jeden Fall sein das mit hohen zusätzlichen Kosten verbunden, beispielsweise wäre es auch sehr schwierig Waren daraufhin zu prüfen, ob sie in die private oder gewerbliche Nutzung gehen.
Ebenfalls angedacht ist die Möglichkeit Zölle direkt über das Internet, bei Onlinekauf beispielsweise, zu erheben und einzuziehen und dafür dann eine Gebühr zu bezahlen.
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Produkte ausländischer Onlineshops sind hoch im Kurs
Der Anstieg und die Zahl der Käufer in ausländischen Onlineshops bricht alle Rekorde. Wenn es im Jahr 2011 noch 5,6 Millionen Paketlieferungen aus dem Ausland waren, dann waren das im Jahr 2013 bereits 38 Millionen.
Die Attraktivität und Anziehungskraft ausländischer Märkte auf russische Konsumenten liegt in erster Linie an der viel breiteren Produktpalette und den günstigen Preisen. Waren aus dem Ausland können, mit allen Zusatzkosten für Lieferung und Zahlung, erheblich günstiger als im Inland sein.
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Es wundert nicht, dass russische Einzelhandelsketten sich existenziell bedroht fühlen und sehr aktiv Lobbyarbeit für neue Zollregeln betreiben. Je höher die Zölle auf ausländische Waren, desto besser für die einheimischen Geschäfte.
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EAIST
Zur gleichen Zeit wurde bekannt, dass der Zoll an einer verstärkten elektronischen Erfassung von Paketen aus dem Ausland arbeitet. Mit dem so genannten Unified-Automated-Information-System der Zollbehörden (EAIST) soll es besser möglich sein zentral Daten über Personen und Bestellungen zu erfassen.
Seit Oktober 2013 läuft schon der Feldversuch, der auch Paketversender mit einbezieht und bei dem alle Informationen zentral digitalisiert und ausgewertet werden. Mehr als ein Dutzend russische Unternehmen sind daran beteiligt.
Beim russischen Zoll hofft man durch die Verwendung von EAIST die Lieferzeiten deutlich zu reduzieren, aber auch die Empfänger ausfindig zu machen, die unter dem Deckmantel des privaten Gebrauchs gewerbsmäßig Warenhandel betreiben ohne Steuern und Abgaben zu entrichten. Es ist möglich, das auf es auf Basis dieser Daten zu Verschärfungen beim Warenverkehr kommen könnte.
Ein Vorteil einer solchen zentralen Aufbereitung von Kundendaten, bei der man als Käufer seine Passdaten angeben muss, sind die verkürzten Lieferzeiten, die für weltweite Lieferungen bei 4 Tagen liegen. Der ganze Bereich der Zollabfertigung könnte so transparenter werden. Im Fokus des Tests standen Zölle in Moskau-Scheremetjewo, Moskau-Domodedowo, Moskau-Wnukowo, Sankt-Petersburg-Pulkowo. Schon im August 2014 könnten die ersten belastbaren Ergebnisse vorliegen.
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