Trotz weiterer Verschärfung der kartellrechtlichen Voraussetzungen für Google in Europa, haben im Gegensatz dazu die US-Gerichte in der Klage S. Louis Martin vs. Google Inc. Googles Recht auf die die volle Kontrolle über – sowohl bezahlte als auch organische – Suchergebnisse bestätigt.
Immer wenn marktbeherrschende oder gar monopolistische Situationen entstehen, ruft das die Wettbewerbshüter auf den Plan, die die kartellrechtlichen Rahmenbedingungen bewerten. Das ist gesetzlich geregelt und gut. Im Sinne der Verbraucher ist das allemal so. Keiner, der sich bei Brot und Milchpreisen abstimmt oder vorgibt, wie teuer ein Auto sein darf. Lediglich die Suchmaschine Google scheint eine Ausnahmerolle für sich in Anspruch zu nehmen. Wie sehr das einen marktbeherrschenden Charakter hat, wissen die Europäer anscheinend besser und wollen Google bremsen. In Europa stellt man sich zunehmend die Frage, ob mit nur einer dominierenden Suchmaschine noch faire Wettbewerbsbedingungen vorherrschen können? In den USA sieht die Situation ganz anders aus.
Klage von S. Louis Martin (CoastNews) gegen Google
Vor kurzem hat der oberste Gerichtshof von Kalifornien die Klage von CoastNews.com gegen Google abgewiesen, in der das Unternehmen sich in den Suchergebnissen Googles schlecht dargestellt sah. Der Kläger behauptete, dass Google bei den Suchergebnisse zu unlauteren Geschäftspraktiken greifen würde.
Schlechte Rankings als Grund einer Schadenersatzklage gegen Google
Begründet wurde die Klage von CoastNews.com damit, dass es bei den Suchmaschinen Bing und Yahoo, bei relevanten lokalen (San-Francisco und Umgebung) Suchbegriffen sehr viel bessere Suchpositionen einnimmt und die auch nachvollziehbar seien, hingegen bei Google nicht.
Der Kläger behauptete, dass die monopolistischen und unlauteren Geschäftspraktiken von Google dazu geführt hätten, dass seine Umsätze zurückgegangen und Kunden nicht mehr erreicht worden wären. Das Unternehmen forderte 5 Millionen Dollar Schadenersatz.
Das Problem bei der Sache ist, dass Google sich längst von der reinen Suchmaschine, hin zum Anbieter vieler anderer Dienstleistungen entwickelt hat, die dem Unternehmen Gewinn bringen und die Wettbewerbssituation in den Augen vieler verzerren. In der Praxis ist das vielfach so, dass bei Gütern oder Dienstleistungen Googles eigene oder mit Google eigener Werbung versehene Angebote, an sehr prominenter Stelle und vorangesetzt erscheinen. Gerade sehr internetaffine Branchen sind davon betroffen.
Außerdem sind Google’s Ranking Faktoren und Algorithmen sehr komplex und sie werden erneuert, patentiert und geheim gehalten, um den Missbrauch zu vermeiden. Daher ist es sehr kompliziert bis unmöglich mit Sicherheit zu sagen, ob Google hier tatsächlich widerrechtlich an Schräubchen dreht.
SLAPP. Schüchtere Google nicht ein!
Google hat die Oberhand gewonnen, indem es die CoastNews.com-Klage als die s.g. SLAPP (strategic lawsuit against public participation oder strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung) qualifiziert hat. Eine SLAAP Klage ist eine spezielle Form der Klage, die den Zweck hat, die öffentlich vorgebrachte Kritik zu unterbinden indem Kritiker eingeschüchtert wird.
Im Fall des Anspruchs gegen Google kam die umgekehrte Situation: das Unternehmen Google argumentierte, dass der Antragsteller versucht das Google’s Recht auf freie Meinungsäußerung zu verletzen (Zensur), welches durch „First Amendment“ (1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten ) geschützt wird. Der Oberste Gerichtshof stimmte Google zu.
In den USA bezieht sich Meinungsfreiheit auch auf die Suchergebnisse!
Meinungsfreiheit in den Suchergebnissen
Beim Antrag auf Klageabweisung argumentierte man auf Seiten von Google, dass es sich bei der Anzeige der Suchergebnisse um Meinungsfreiheit handele und sich das ebenfalls auch auf die Suchergebnisse beziehen müsse. Der Oberste Gerichtshof meinte, dass genau das durch den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten geschützt werden muss! Der 1. Zusatzartikel ist Googles mächtigster Verbündete in US-Gerichten, was das Urteil in der Sache „S. Louis Martin vs. Google Inc.“ zeigt.
Situation in Europa
In Europa nimmt die freie Meinungsäußerung einen hohen Stellenwert ein. In Europa ist dieses Grundrecht aber keine Rechtfertigung für eine tragfähige Verteidigung wettbewerbswidriger Handlungen. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist Google verpflichtet Einträge zu löschen, die ein Recht auf Privatsphäre und Datenschutz einzelner Personen tangieren. In Vereinigten Staaten wäre das Recht auf Vergessen wegen des 1. Zusatzartikels und der Meinungsfreiheit gar nicht möglich.
Das letzte Wort scheint also in Sachen Google noch nicht gesprochen. Aber inwieweit sich die gegenwärtige Situation in Europa auch auf die USA übertragen lässt, wird sich zeigen. Derzeit stehen die Zeichen gut, dass sich Veränderungen im Suchmaschinenmarkt in Europa ergeben könnten. Die USA scheinen weiterhin einen anderen Umgang mit dem Weltkonzern Google zu pflegen.
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